Jänschwalde zwischen Tagebau-Stopp und längerer Kraftwerks-Bereitschaft

Die Entscheidung bewegt viele Gemüter in der Lausitz: Das Cottbuser Verwaltungsgericht hat einer Klage von Umweltverbänden Recht gegeben und den Stopp des Tagebaus Jänschwalde zum 15. Mai 2022 angewiesen. Und das in einer Zeit, in der die Sorgen um eine sichere Stromversorgung steigen. Das wiederum führt dazu, dass sich Brandenburgs Landesregierung für eine Verlängerung der Sicherheitsbereitschaft des Kraftwerks einsetzt.

Die Umweltverbände DUH und Grüne Liga haben mit einem Eilantrag gegen das Landesbergamt Erfolg: Die Leag muss am 15. Mai den Tagebau Jänschwalde in der Lausitz anhalten. Hintergrund ist eine unzureichende wasserrechtliche Gestattung. „Wir bedauern diese Gerichtsentscheidung zum Tagebau Jänschwalde, die aus unserer Sicht weitreichende Folgen sowohl für die aktuell bereits vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs in Frage gestellte Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme hat als auch gravierende Auswirkungen für die Natur und die Strukturentwicklung in der Region um den Tagebau mit sich bringt“, so der LEAG Bergbauvorstand Phillipp Nellessen. Nellessen kündigt an, den Beschluss genau prüfen und gegebenenfalls Beschwerde einlegen zu wollen.

Auch die Vertretung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Leag hat mit „großem Unverständnis“ auf den Gerichtsbeschluss zum Stopp des Tagebaus
Jänschwalde reagiert. Mit dem Ukraine-Krieg bekomme das Thema Energieversorgung in Deutschland eine andere Dimension, hieß es vom Konzernbetriebsrat in einer Mitteilung. Das gelte ganz besonders mit Blick auf den kommenden Winter. „Wer jetzt die
Kohleförderung in Jänschwalde zum Erliegen bringt, der reduziert die gesichert verfügbare Menge an heimischer Braunkohle und damit auch an gesicherter Stromerzeugung.“

Dazu passt eine Initiative der Brandenburger Landesregierung. Sie will die endgültige Stilllegung von zwei Blöcken des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde verschieben, um die Energieabhängigkeit von Russland zu verringern. Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) schlug in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vor, als ersten Schritt die im Oktober 2022 und Oktober 2023 auslaufende Sicherheitsbereitschaft für die zwei Blöcke F und E zu verlängern. Damit könne bei einem möglichen Ausfall oder einer Unterbrechung der Erdgaslieferungen aus Russland schnell ein Ersatz für abzuschaltende Erdgaskraftwerke bereitgestellt werden, schrieb Steinbach in dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

„Im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise ist bei einem Ausfall insbesondere von Erdgasimporten aus Russland von weiteren Engpässen und Preissteigerungen auf dem deutschen und europäischen Strom- und Energiemarkt auszugehen“, warnte der Minister. Die Strompreise hätten in den vergangenen Jahren zwischen 30 bis 60 Euro pro Megawattstunde gelegen, zwischenzeitlich gebe es Preissprünge auf bis über 500 Euro pro Megawattstunde.

Der Block F des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde ist bis 1. Oktober 2022 für mögliche Versorgungsengpässe in Sicherheitsbereitschaft, der Block E bis 1. Oktober 2023 - danach sollen sie endgültig vom Netz.

Steinbach riet im Landtag zu zügigen Verhandlungen des Bundes mit Kraftwerksbetreibern. Ende 2028 soll das Kraftwerk komplett stillgelegt werden, damit weniger klimaschädliches Kohlendioxid ausgestoßen wird.

Die Ministerpräsidenten der Ost-Länder mit Braunkohletagebau, Dietmar Woidke (Brandenburg, SPD), Michael Kretschmer (Sachsen, CDU) und Reiner Haseloff (Sachsen-Anhalt, CDU) waren zuvor auf Konfrontationskurs zu Habeck gegangen, weil die Ampel-Koalition den Kohleausstieg „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorziehen will.

Quellen: Die Welt, welt.de vom 23. März 2022, dpa vom 23. März 2022, rbb24.de vom 18. März 2022, Pressemitteilungen LEAG und LEAG-Konzernbetriebsrat vom 17. und 18. März 2022

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