Windindustrie hält Ausbauziele für kaum noch erreichbar

Die Ziele in der deutschen Energiepolitik sind stets ambitioniert. Ob die Ziele erreicht werden, steht offenbar umso mehr in den Sternen, je ambitionierter sie sind. Für einen schnellen Ausbau der Windenergie sind die Weichen offenbar noch immer nur verbal gestellt. Tatsächlich geht es mehr als schleppend voran. Jetzt kommen auch noch Engpässe bei notwendigen Ressourcen hinzu. Selbst die Branche zweifelt am Erreichen der Ausbauziele.

Im Kampf gegen den Klimawandel wollen Deutschland und die EU rasch die Windkraft ausbauen. Doch in der Windindustrie kommen Zweifel auf, ob die ehrgeizigen Ausbauziele überhaupt realisierbar sind. „Zwar wird die Windindustrie weiterhin größtenteils optimistisch betrachtet“, heißt es im zwölften Trendindex der WindEnergy Hamburg, der Weltleitmesse für Windenergie.

Doch erstmals hat das Marktforschungsinstitut Marktteilnehmer auch nach den Folgen fehlender Ressourcen gefragt. „Die Ergebnisse sind klar: Die allgemeinen Sorgen, ob die Ausbauziele erreicht werden können“, spiegele auch der Trendindex wider. „Ein Großteil der Befragten sieht eine starke bis sehr starke Behinderung der Ausbauziele durch den weltweiten Ressourcenmangel.“ Das Branchenbarometer sieht unter dem Strich eine „geringe Realisierungswahrscheinlichkeit der Ausbauziele“.

Branchenvertreter beklagen seit längerem hohe Rohstoffpreise und die Inflation. Außerdem sucht die Windbranche in den kommenden Jahren allein in Deutschland mehrere Zehntausend neue Arbeitskräfte, nachdem in den Dürrejahren der Branche im vorigen Jahrzehnt etliche Stellen gestrichen wurden. Angesichts des in der ganzen Wirtschaft verbreiteten Fachkräftemangels ist die Rekrutierung von Personal aber schwierig. Als weiteres Hemmnis gilt die langwierige Genehmigung von Windrädern und Windparks.

„Die Ausbauziele der Bundesregierung sind ohne Zweifel sehr ambitioniert. Jahrelange politische Versäumnisse bei der Umsetzung der Energiewende haben diese großen Anstrengungen nötig gemacht“, sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Wolfram Axthelm. Auch auf die Ausbauhemmnisse weise der BWE seit langer Zeit hin. „Dennoch halten wir alle diese Probleme für lösbar und haben dazu detaillierte Vorschläge vorgelegt.“

2023 stammten nach BWE-Angaben von bislang erzeugten 349,2 Terawattstunden (TWh) Strom 101,3 TWh aus Wind. Windenergie an Land sei dabei mit 83,7 TWh die stärkste Einzelstromquelle. Der Verband wies darauf hin, dass in den ersten neun Monaten schon mehr Leistung an Land installiert worden sei als im gesamten Jahr 2022. „Auch die Neugenehmigungen erreichen nach drei Quartalen ein bisher nicht dagewesenes Rekordniveau.“

Angesichts der Klima- und Energiekrise ist in der Windbranche die Einschätzungen global betrachtet „weiterhin recht positiv, die Stimmung überwiegend gut, sowohl On- als auch Offshore“, heißt es in dem Branchenbarometer. „Jedoch lassen sich insbesondere in Deutschland und Europa aktuell schwächere negative Veränderungen feststellen, sowohl in der kurzfristigen als auch in der langfristigen Betrachtung.“ Allerdings sei die Stimmung „für keine Branche, Zeithorizont und Region“ im negativen Bereich.

An der Befragung nahmen den Angaben zufolge zwischen Mitte September und Mitte Oktober mehr als 500 Marktakteure teil. Als überraschend bewertet das Marktforschungsinstitut, dass die Einsparpotenziale, etwa durch wachsende Turbinengrößen, erstmals deutlich schlechter eingeschätzt werden, insbesondere für die Windkraft auf See. «Die Kosten beziehungsweise der Kostendruck für die Hersteller können hier eine Rolle spielen, ebenso die Frage, inwiefern die Technik überhaupt noch weiterentwickelbar ist beziehungsweise weiterentwickelt wird». Während die für 2030 erwartete durchschnittlich installierte Turbinengröße an Land weiter steige (von 8,2 auf 8,5 MW), sinke sie im Bereich auf See von 18,8 auf 18 MW.

Ein wiederum pessimistischeres Bild zeichnet der Bund-Länder-Kooperationsausschuss, der seinen aktuellen Bericht zum Stand des Ausbaus der erneuerbaren Energien veröffentlicht hat.
Auch im Berichtsjahr 2022 wurden die negativen Trends, wie die unzureichende Flächenausweisung und die Verschärfung des Nord-Süd-Gefälles, noch nicht aufgebrochen, heißt es in einer Mitteilung des BWE. In dieser rückwärtigen Betrachtung stagniere die Flächenausweisung und der Süden sei weiterhin ein Totalausfall.

Quellen: Tagesspiegel Background vom 27. Oktober 2023, Pressemitteilung Bundesverband Windenergie vom 27. Oktober 2023, Nachrichtenprotal infnranken.de vom 26. Oktober 2023, dpa vom 26. Oktober 2023

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